Sunderlands Bücherregal 2/2024

Es war so schön, dieses Jahr mal wieder über eine Buchmesse zu streifen. Das letzte Mal war irgendwann vor der Pandemie und ich habe natürlich wieder das ein oder andere Buch mit nach Hause genommen. In der heutigen Ausgabe geht es um einen dieser Titel.


Autorin: Sarah Pearse
Buchtitel: Das Sanatorium
Original-Titel: The Sanatorium
Jahr der Veröffentlichung: 2020 (UK)/ 2023 (DE, Taschenbuch)
Seitenanzahl: 508 Seiten
Kapitelanzahl: 92 Kapitel (+ Prolog und Epilog)
Verlag: Goldmann Verlag
Serienangaben: 1. Teil der Elin-Warner-Reihe


Die Messebuchhandlung ist einer der Vorzüge der Leipziger Buchmesse. Und da ich in diesem Jahr ohne großartige Einkaufsliste hingefahren bin (es gab nur ein Buch, welches ich definitiv auf der Messe kaufen wollte), habe ich einfach mal gestöbert und nach Plots gesucht, die ich interessant finde. Dabei kam mir der Thriller in Sarah Pearse in die Hände, welcher mit der bekannten Prämisse "ehemalige medizinische Einrichtung im Nirgendwo wird zum Hotel gemacht" auf jeden Fall vielversprechend klang. Deswegen wanderte das Buch zuerst über den Kassentisch und dann in meinen Rucksack.

INHALT:
Irgendwo in den Schweizer Bergen liegt das Hotel Le Sommet. Das Gebäude, welches früher ein Sanatorium für Tuberkulose-Patienten beherbergt hat, soll nun Gäste in einem luxuriösen Ambiente begrüßen. Eine von ihnen ist die beurlaubte Polizistin Elin Warner, die mit ihrem Freund zur Verlobungsfeier ihres Bruders angereist ist. Leider kommt alles anders: Ein Schneesturm schneidet das Hotel von der Außenwelt ab und die Vergangenheit zeigt ihr Gesicht.

FAZIT:
Die Prämisse des Klappentextes hat mich sofort angesprochen. Der Plot verspricht wahnsinnig viel und hält auf jeden Fall einen Teil davon. Eine positive Assoziation, die ich früh machte, waren die zwischen diesem Buch und der Serie Harpers Island, welche ja wiederum meine Inspiration für Nightmare Forrest darstellt. Denn auch in der Serie geht es um eine Hochzeit an einem abgeschiedenen Ort. Hier rückt die Sache mit der Verlobung jedoch schnell in den Hintergrund und bleibt auch da. Immer wieder konfrontiert die Autorin uns mit neuen Fakten und Gedanken. Teilweise sogar mit falschen Fährten. Der Anfang ist wahnsinnig gut, dann flacht es etwas ab (es beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Elin und ihrem Bruder, während ich mehr über das Sanatorium wissen wollte), bevor die Geschichte an Fahrt aufnimmt und sich zum Ende immer weiter steigert. Viele der Kapitel sind auch relativ kurz und lassen sich schnell weglesen. Sowas ist gerade für mich praktisch, wenn ich während des Pendelns nicht viel Zeit bis zur Endstation habe.

Eine Sache, die beim Lesen oft ein wenig störend war, ist der Schreibstil. Dabei spreche ich nicht von der Übersetzung – den schon zuvor habe ich ein Buch konsumiert, welches von Ivana Marinovic übersetzt wurde – sondern von der Art, wie die Autorin ihre Charaktere und Erzählstimme gestaltet hat. Manche Dinge sind so komisch formuliert, dass man beim Lesen dran hängen bleibt. Sowas kann einen Lesefluss kurzzeitig unterbrechen. Da es sich hier um das Debüt von Sarah Pearse handelt, kann man ihr das vielleicht ein bisschen verzeihen und hoffen, dass sie es beim nächsten Buch besser macht. Abgesehen davon schreibt sie nicht immer ganz präzise und lässt sich hier und da zu ein wenig ausgeschmückten Umschreibungen hinreißen. Es hätten also keine 500+ Seiten sein müssen. Aber es soll ja auch Leute geben, die sowas mögen. Trotzdem hat es mir gefallen.


Die Charaktere habe ich auch mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Elin ist die Protagonistin mit schwerer Vergangenheit und am Anfang fand ich sie etwas zu wehleidig. Mit mehr Infos kam ich besser mit ihr zurecht. Ihr Bruder Isaac wurde sehr unsympathisch dargestellt und die Beziehung von beiden hat mich manchmal aufgeregt, weil ich das Gefühl hatte, sie hätten nicht immer um den heißen Brei reden soll. Elins Freund Will ist auch so eine Sache. Beide Männer haben mehrfach was an ihrem Verhalten auszusetzen, wo ich mir immer dachte, sie kann für die zwei einfach nichts richtig machen. Die meisten anderen Figuren waren ganz in Ordnung, aber nicht sonderlich tief meiner Meinung nach. Man vergisst sie wohl nach der letzten Seite relativ schnell. Zumindest kann man sie gut unterscheiden und so den Ermittlungen gut folgen. Aber es besteht Verbesserungsbedarf.

Im Moment scheint eine ganz bestimmte Gestaltung angesagt zu sein: dunkler Hintergrund und gelbe Schrift. So auch bei diesem Buch. Ich gebe zu, dadurch ist es mir erst aufgefallen. Zumal das Gebäude definitiv Le Sommet sein könnte. Überraschenderweise ist das englische Cover der Grundstein dafür gewesen, denn es zeigt den gleichen Bau. Nur hat man bei der deutschen Fassung noch einige Schneeflocken am oberen Rand hinzugefügt. Zusätzlich habe ich eine alternative Version gefunden, welche aber auch ein im Schnee befindliches Gebäude zeigt. Sie alle sind gut gestaltet, denn sie wecken das Interesse des Lesers.

Bewertung:
3/5 - Schreibstil
3/5 - Charaktere
4/5 - Handlung
4/5 - Optik

(14 von 20 Sternen)

Alles in einem ein durchschnittlich gutes Leseerlebnis mit Luft nach oben. Immerhin habe ich nicht das Gefühl, meine Zeit verschwendet zu haben. Und es soll weitergehen: Diesen Monat erscheint das zweite Buch von Sarah Pearse mit dem Titel "Das Retreat", in welchem Elin Warner wieder als Ermittlerin in Erscheinung treten wird. Sobald die Taschenbuchausgabe vorliegt, werde ich es mir kaufen und sehen, ob Pearse die kleinen Kritikpunkte ausräumen kann. Und ob Elin mehr Lese für sich gewinnen kann.






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