Sunderlands Bücherregal 4/2023

*Das persönliche Buch des Jahres 2023!*

Ich habe dieses Jahr viel Arbeit hinter mir. Nach einigen Kurzgeschichten, einer Lesung und dem neusten Weihnachtskrimi ist mir dann mal aufgefallen, wie sehr ich das Lesen anderer Bücher zu kurz kommen habe lassen. Denn seit meinem letzten Buch sind schon einige Monate vergangen. Jetzt im Dezember habe ich deswegen endlich die Lektüre beendet, die ich im August oder September angefangen haben muss.


Autorin: Chevy Stevens
Buchtitel: Tief in den Wäldern
Originaltitel: Dark Roads
Jahr der Veröffentlichung: 2021 (US) / 2022 (DE)
Seitenanzahl: 462 Seiten
Kapitelanzahl: 41 Kapitel (+ Prolog und Epilog)
Hörbuchstimme: Christiane Marx
Dauer: 13 Stunden, 49 Minuten (ungekürzt)
Verlag: Fischer/Scherz-Verlag
Serienangaben: Stand Alone



So gegen Ende des Jahres ist es ruhig, da kann man endlich mal ein Buch in die Hand nehmen. Und da ich nach der Lektüre von Jennette McCurdy den aktuellsten Chevy Stevens angefangen hatte, nahm ich das um Anlass, diesen fortzusetzen. Ich fand es auch gut, den Titel über Spotify zu hören, wo das Hörbuch zum Glück ungekürzt vorliegt. Ich bereue weder das Hören noch das Lesen.

HANDLUNG:
Die Sicherheit in Cold Creek, Kanada ist trügerisch: denn am nahe gelegenen Highway verschwinden schon seit Jahren immer wieder junge Frauen. Ihr Gesichter prangen auf Plakatwänden und der Täter ist immer noch nicht gefasst. Inmitten dieser Realität lebt die junge Hailey, eine Waise, die bei ihrer Tante und ihrem Onkel wohnt. Als sie eines Tages etwas über ein dunkles Geheimnis stolpert, muss sie eine Entscheidung treffen. Ein Jahr später kommt eine Frau namens Beth in den Ort und gerät ebenfalls in eine Geschichte, von der sie in Vancouver nichts hätte ahnen können.


FAZIT:
Wie es bei vielen Autoren der Fall ist, entwickelt sich der Stil immer ein wenig weiter. Mittlerweile hat Stevens einen Standard, der einen einfach nicht von den Seiten zurücktreten lässt. Sie berichtet die Ereignisse in Cold Creek auf diese gewisse Weise, bei der man spürt, dass bald etwas geschehen wird. Vor allem, da sie in Teilen des Buches die Perspektive wechselt, war ich gespannt darauf, wie sehr es das Erlebnis herüberbringen wird. Aber der Flow war an vielen Stellen so gut, dass man gar nicht gemerkt hat, wie es wechselt. Was sie aber im hinteren Teil des Buches gemacht hat, war, die Perspektive nach jedem Kapitel zu wechseln - und somit am spannendsten Punkt die Kamera zu schwenken, damit man dran bleibt. Für mich hat das sehr gut geklappt.

Wie gehabt hat Stevens ein gelungenes Händchen für die Erstellung von interessanten Figuren, deren Weg man durch den Plot folgt. Einige mag man und einige nicht. Vor allem ihr Talent für das Schreiben von Männern, die einem vom ersten Satz an unangenehm sind, macht das Lesen zu einer gewissen Prüfung. Wie schon bei ihrem letzten Buch fühle ich mich davon beinahe getriggert, weil ich wünschte, eingreifen zu können. Aber gerade, weil es nicht das erste Mal ist, dass es solche Figuren bei ihr gibt, scheint mir langsam ein Muster aufzufallen. Denn mehrere ihrer Geschichten haben die problematischen, kontrollsüchtigen Herren, die meistens der Protagonistin das Leben schwer machen - weswegen wir genau diese anfeuern, sich endlich durchzusetzen. Das ist aber auch das einzige Manko, da man trotz dieser immer wieder auftauchenden Typen die Spannung fühlt, die in ihren Worten liegt. Was mir hier sehr gut gefallen hat, ist die Zähigkeit gewisser Figuren und deren Fähigkeit, in der Wildnis zu überleben.

Der Plot mit dem Highway und dem Serienkiller, der sich junge Frauen greift, ist natürlich nichts wirklich Neues. Aber es ist diese Prämisse, die auch mein Interesse an der Geschichte geweckt hat (abgesehen davon, dass ich ohnehin seit Buch #1 Fan von Chevy Stevens bin) und warum ich auch voller Vorfreude war, als das Buch angekündigt wurde. Denn es jedes Opfer hat seine eigene Story. Und diese zu erzählen, hat die Autorin zweifellos geschafft. Die gesamte Handlung ist spannend und teilweise sehr beunruhigend, sodass man regelmäßig erschauert und den Atem anhält. Sogar die Realität wird adressiert: in einem Brief am Ende des Buches spricht die Autorin von ihrer Inspiration, dem sogenannten Highway der Tränen, auf dem bis heute ähnliche Dinge passieren, wie von Stevens beschrieben. Gerade diese Nähe zu unserer realen Welt macht diese Story so interessant und angsteinflößend. Das Buch hat aber natürlich eine Auflösung, eine Offenbarung. Chevy Stevens wäre aber eine schlechte Autorin, wenn man ihren Twist direkt nach ein paar Seiten erahnen könnte. Ich habe es versucht und habe mich direkt verzettelt. Dabei ist es so logisch. Und wunderbar gelungen.

Passend zum Thema wurde das Cover der deutschen Ausgabe wohl erstellt: Das Foto zeigt eine sich windende Straße in (wahrscheinlich) Kanada, die sich durch einen Wald zieht und als Backdrop einen beeindruckenden Berg hat. Fast genau so, wie Steven den Cold Creek Highway im Buch beschrieben hat - welcher ein fiktiver Ort ist, wie sie betont. Allein dieses Marketing verdient schon Anerkennung, da man das Thema der Geschichte vor Augen hat - so muss ein Cover sein. Der Klappentext tut sein Übriges. Zumal man inzwischen ja oft Broschur-Klappen hat, in denen nicht nur eine Beschreibung mit einem Foto des Autors findet, sondern ein weiterer, noch detaillierterer Klappentext. Die Originalfassung hat zwei verschiedene Covers. Eines zeigt eine Frau, deren Haare sich durch den Buchtitel schlängeln. Es ist ziemlich hell gehalten und vermittelt nicht direkt etwas über seinen Inhalt. Das andere Cover in Blautönen zeigt eine weibliche Silhouette auf einer Straße durch den Wald, die läuft. Es passt schon besser zum Buch, jedoch finde ich das deutsche Cover einfach perfekt.

Ganz kurz will ich auf die Stimme des Hörbuches eingehen, welches bei Spotify in ungekürzter Fassung zu finden ist. Christiane Marx ist mir vorher noch nie irgendwo begegnet, obwohl sie anscheinend auch die anderen Bücher von Chevy Stevens eingelesen hat. Dafür bin ich aber angenehm überrascht, wie gut sie es gemacht hat. Sie hat es gut geschafft, die Figuren voneinander zu differenzieren und ihre Betonung war in den meisten Fällen aus sehr gut gewählt. Ich sollte die anderen Hörbücher auch mal ausprobieren.


Bewertung:
4/5 - Schreibstil
4/5 - Charaktere
5/5 - Handlung
4/5 - Optik
(18 von 20 Sternen)

Wie es für mich nicht anders zu erwarten war, hat Chevy Stevens wieder einen wahnsinnigen spannenden Thriller kreiert, der es verdient hätte, als Mini-Serie ins TV gebracht zu werden. Damit beschließe ich das Jahr 2023, in dem ich nicht so viel gelesen habe, wie ich wollte. Aber dafür habe ich endlich mal wieder richtig Lust zu lesen und es gibt auch schon eine Reading List für nächstes Jahr, auf der ich Titel habe, die mich ganz dringend interessieren. Chevy Stevens hat meinen Lesehunger entfacht, also freut euch auf mehr.

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