Sunderlands Bücherregal 2/2021

Heute haben wir mal wieder eine Kombi-Rezension, die glücklicherweise zustande kam, da ich durch einen enormen Zufall das Hörbuch bei Spotify entdeckt habe. Deshalb kam ich auch relativ schnell durch das Buch durch, in dem ich entweder nebenbei mitgelesen, gehäkelt oder Minecraft gespielt habe.



Autor: A.J. Grayson
Buchtitel: Boy in the Park - wem kannst du trauen?
Original-Titel: The Boy in the Park
Jahr der Veröffentlichung: 2016
Seitenanzahl: 365 Seiten
Kapitelanzahl: 72 Kapitel
Sprecher: David Nathan
Dauer: 8 Stunden, 33 Minuten (3 CDs, ungekürzt)
Verlag: Drömer-Knauer-Verlag
Serienangaben: Stand-Alone-Roman


Dieser Thriller war mal wieder ein Spontankauf, den ich 2018 oder 2019 getätigt habe. Ich war unterwegs und habe am Bahnhof, an dem ich mich gerade befand, die Buchhandlung aufgesucht. Das mache ich oft, wenn vorhanden, um mir die Zeit zwischen den Zügen zu vertreiben. Zuerst gab es nichts wirklich Interessantes, das mich interessiert hat. Dann habe ich die Mängel-Kiste durchstöbert, die neben der Kasse steht. Dabei fiel mir Boy in the Park in die Hände, dessen Cover und Titel mir auffielen. Aus Neugier habe ich es dann gekauft. Ich hatte ja keine Ahnung, was mich erwarten würde …

HANDLUNG:
San Francisco. Dylan Aaronsen verbringt seine Mittagspause jeden Tag auf die gleiche Weise: Er sitzt im Park auf einer Bank bei einem Teich und schreibt Gedichte. Ebenfalls jeden Tag vor Ort ist ein kleiner Junger, der am Teich spielt. Als dieser aber eines Tages Anzeichen von Misshandlung zeigt und kurz darauf verschwindet, versucht Dylan mehr herauszufinden. Dabei begibt er sich auf eine sehr verstörende Reise.

FAZIT:
Um dieses Fazit zu schreiben, musste ich alles erst einmal eine Nacht lang sacken lassen, damit ich es richtig sezieren kann, ohne große Spoiler zu geben. Denn dieses Buch ist auf seine Weise ziemlich komplett, auch wenn es mit seinen noch nicht einmal 400 Seiten relativ dünn aussieht. Deswegen komme ich zuerst auf den Schreibstil des Autors zu sprechen. Dieser ist seiner Hauptfigur Dylan angepasst und wirkt teilweise sehr nachdenklich und prosaisch, wenn ich den Begriff jetzt nicht allzu sehr missverstehe. Dylan schreibt in seiner feien Zeit Gedichte und Grayson hat das genutzt um den Stil mit einigen sehr schönen und auch wohlüberlegten Metaphern und Beschreibungen zu füllen. Es macht die Erzählung zu Beginn sehr seicht, doch das wendet während des Buches in eine Art Aufregung erzeugende Schilderung.

Vom Aufbau her ist alles sehr voll, wie ich finde. Zuerst haben wir den Hauptstrang mit Dylan und seiner Suche nach dem Jungen. Dann werden immer wieder Kapitel eingestreut, die ein Verhör zwischen einer Psychologin und einem Verdächtigen namens Joseph beschreiben, der behauptet, seine Frau umgebracht zu haben, was sie ihm aber nicht glaubt. Erst ist ziemlich unklar, was das mit dem Jungen zu tun hat, der jeden Tag im Park auftaucht. Mit der Zeit erst scheint man den Zusammenhang zu erkennen. Ein paar der weiteren Kapitel bestehen lediglich aus einem Gedicht über den Jungen im Park, anscheinend von Dylan geschrieben. Sie verdeutlichen, wie sehr sein Verstand von ihm eingenommen ist.

Noch eine weitere Unterteilung findet statt - das Buch besteht aus fünf Teilen. Im ersten fährt alles langsam an. Wir lernen den Erzähler kennen, Dylan, der in seiner Freizeit Gedichte schreibt. Wir lernen ein wenig über sein Leben - am wichtigsten hierbei, dass er jeden Tag seine Mittagspause auf der gleichen Bank im Park in San Francisco verbringt. Der Junge, sein Verschwinden. Dylans Suche, bei der er in einen Ort namens Redding fährt. Teil zwei spielt das in einer anderen Zeit und schildert Ereignisse, die im Haus von Andrew und Kat Warrick passiert sind. Denn dieser misshandelt seine Frau stark.

Ab Teil drei ist schließlich alles sehr kompliziert. Zeitweise scheint Dylan gar nicht mehr wichtig, alles dreht sich um Joseph, den ich oben schon erwähnt habe. Alles scheint irgendwie surreal in diesem Buch. Zuerst war alles normal und geordnet, doch dann gleiten die verschiedenen Schichten der Erzählung ineinander und kreieren ein Gesamtbild, das zuerst nicht verständlich ist. Verschiedene Fakten kollidieren. Der Höhepunkt des Ganzen, der alles aufklärt, ist - und das betone ich hier - mir nicht in tausend Gedanken in den Sinn gekommen! Die Auflösung von allem (Was mit dem Jungen ist, was Joseph damit zu tun hat, was die Warricks damit zu tun haben) bringt einen dazu, seine eigene geistige Gesundheit zu hinterfragen.

Die Charaktere und ihre Motive sind am Anfang sehr klar definiert. Als der kleine Junge verschwindet, will Dylan unbedingt herausfinden, was geschehen ist. Er sieht es als seine Pflicht. Jedoch verhält er sich recht dämlich, als er die Polizei aufsucht, da er die Entführung des Jungen wie ein Dilettant schildert und so auch nicht ernst genommen wird. Ich hätte die Fakten anders dargelegt, präziser und glaubwürdiger. Joseph ist gewalttätig und launisch, die Psychologin, die ihn interviewt, kommt mir sehr randhaft vor, obwohl sie doch schon wichtig ist. Die restlichen Figuren sind da, um die Geschichte nicht allzu leer aussehen zu lassen, aber trotzdem nicht weiter von großer Bedeutung. Die Warricks sind sehr deutlich dargestellt, es rief mir das letzte Buch in Erinnerung, das ich vorher gelesen habe.

Das Setting war nett gewählt. Die Umschreibungen des Autors gaben viele schöne Bilder, die man sich beim Lesen vorstellen konnte. San Francisco war für mich schon immer eine tolle Stadt (ich sollte sie mal bereisen) und im weiteren Verlauf beschreibt er auch andere Orte, an denen sich die Figuren aufhalten und durch die Erzählung sehr lebendig wirken und vor dem inneren Auge auftauchen.

Jetzt zum Sprecher des Hörbuches, das zum Glück sogar ungekürzt war: David Nathan (Synchronisiert unter anderem Johnny Depp und Christian Bale - und George Eads Rolle in CSI Vegas) hat eine sehr schöne Stimme. Markant und doch sanft liest er die einzelnen Figuren mit Differenzierung, ohne dabei albern zu klingen. Er macht es relativ leicht, die einzelnen Akteure in einer Szene unterscheidbar zu machen und bekommt auch aggressive Aussagen und Wutausbrüche gut hin. Diese Facetten machen das Hörbuch sehr angenehm zu hören und lässt es zu, alles in beinahe einer einzigen Sitzung zu hören.

Die Covergestaltung war hier zur Abwechslung mal wirklich ausschlaggebend. Schwarz und grau, gelbe Schrift. Das Blatt auf dem Buchdeckel passt zum Thema Park und Bäume, man denkt an den Herbst - ich war noch nicht mal enttäuscht, als es gar nicht Herbst war. Der Titel selbst erinnert an The Girl on the Train und ich glaube, weil ich diese Assoziation irgendwie lustig fand, habe ich es dann auch genommen. Anstatt eines Klappentextes sind hinten nur einige Schlagsätze aufgedruckt, die aber eine gute Wirkung haben. Da es aber eine broschierte Ausgabe ist, findet man auf der inneren vorderen Klappe den Klappentext, sowie eine kurze Biografie des Autors auf der hinteren. Zu meinem Bedauern ist nirgendwo ein Bild zu finden, das sich einwandfrei als das von A.J. Grayson benennen lässt.

In meinem abschließenden Absatz will ich nun meine Meinung mitteilen, doch das ist schwer. So wie das Buch ist, kann ich es schlecht bewerten, da es mich komplett auf dem dritten Fuß erwischt hat. Es ist nicht herausragend, aber auch nicht total schlecht, da einige Ansätze und Ideen dabei sehr gut ankamen. Auch sollte es vielleicht eher als Psychothriller ausgewiesen werden, da dies eher zum kumulierten Inhalt passt. Interessant ist es schon, aber ich bezweifle seinen Rekonsumierungswert. Auch glaube ich, wäre ich ohne das Hörbuch nicht zum Ende gekommen. Man könnte also sagen, dass es sich hier um eine sehr spezielle Geschichte für ein sehr spezielles Publikum handelt. Schade, dass mein Buchclub nicht mehr stattfindet, ich würde gerne darüber sprechen.


Bewertung:
3/5 - Schreibstil
3/5 - Charaktere
3/5 - Handlung
4/5 - Optik
(13 von 20 Sternen)


Ja, so sieht meine Wertung aus. Glaubt mir, sie ist mir nicht leicht gefallen. Ich hatte schon eine ganz gute Zeit mit dem Buch, doch es kommt doch eher mittelmäßig rüber und scheint wie gesagt nur wenig für mehrere Lesungen geeignet. Bereuen tue ich es aber nicht. Und deswegen bleibe ich dran und suche mir direkt das nächste Buch aus, das ich diesen Monat vorstellen werde. Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht genug Bücher …

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