Sunderlands Bücherregal 6/2020

Obwohl ich mir am Anfang des Jahres ja vorgenommen hatte, deutlich mehr von Kathy Reichs zu lesen, kam es doch etwas anders. Durch meine intensive Arbeit an Nightmare Forrest und auch den Leseproben von 2020 habe ich eine Zeit lang gar nicht gelesen. Und als ich dann schließlich in einer Leseblockade steckte, half mir dieses Buch hier endlich hinaus.


Autorin: Kathy Reichs
Buchtitel: Fahr zur Hölle
Original-Titel: Flash and Bones
Jahr der Veröffentlichung: 2011
Seitenanzahl: 337 Seiten (+ Interview mit Kathy Reichs; Leseprobe zu "Knochenjagd")
Kapitelanzahl: 36 Kapitel
Verlag: Heyne-Verlag
Serienangaben: 14. Teil der Temperance-Brennan-Reihe


Zu diesem Zeitpunkt wollte ich eigentlich den bisher letzten Chevy Stevens lesen. Diesen hatte ich auch angefangen, aber kam dann einfach nicht mehr zum Lesen, weil ich sehr stark mit schreiben beschäftigt war. Und weil ich mich nicht dazu durchringen konnte, es direkt wieder zu Hand zu nehmen, habe ich Fahr zur Hölle den Vorzug gegeben.

HANDLUNG:
Auf einer Mülldeponie neben einer NASCAR-Rennstrecke wird in einem alten Fass eine Leiche gefunden. Sofort, nachdem Tempe Brennan sich der Sache annimmt, gibt es mehrere Richtungen: Handelt es sich bei der Leiche um den Teil eines vermissten Pärchens, das vor langer Zeit verschwunden ist? Ein Mitarbeiter des CDC? Oder wer ist das Opfer? Während ihrer Arbeit werden der Anthropologen nicht nur von den Zeugen, sondern sogar vom FBI Steine in den Weg gelegt. Kann sie den Fall trotzdem klären?

FAZIT:
Bereits die ersten drei Sätze machen neugierig auf die Geschichte. Ein richtig toller Aufhänger also. Was die Handlung an sich betrifft, fand ich das Buch sehr gut geschrieben. In Rezensionen über Fahr zur Hölle haben sich viele negativ darüber geäußert - das ich kann nicht bestätigen oder nachvollziehen. Für mich ist der Plot schön gestaltet, bietet er doch alles, was auch andere Tempe-Brennan-Romane mitbringen. Auch positiv finde ich es, das die Autorin Bezüge zu anderen Romanen herstellt, was auch bei der zeitlichen Zuordnung hilft. Hier zum Beispiel wird der Fall aus dem Vorgänger "Blut vergisst nicht" erwähnt.

Das Thema in diesem Buch befasst sich mit NASCAR-Rennen, der Handlungsort ist Charlotte. Für einige war das zu viel/nicht relevant. Und obwohl ich selbst nichts mit diesen Autorennen am Hut habe, fand ich es doch sehr informativ, erhält man doch einige Eckdaten und Randwissen dazu. Auch gliedert sich das Ganze auf fabelhafte Weise in den Fall ein. Es ist eine Umgebung, die ich so noch nicht in einem Buch gesehen habe. Das fand ich sehr gut. Als weiteres Themenelement hat Reichs eine rechtsradikale Gruppe gewählt, zu der eines der wahrscheinlichen Opfer gehörte. Glücklicherweise war das nicht so stark prominent, sonst wäre das Buch wohl schlechter weggekommen. Darüber hinaus erhält man das typische Forensik-Wissen von der Autorin. Mit fallt auf, das sie noch immer gewisse Dinge erklärt, die schon oft in ihren Büchern vorkamen, um auf Leser einzugehen, die noch keine anderen Teile der Reihe gelesen haben.

Vom Stil her ein typischer Reichs. Ihre Satzstruktur gefällt mir so, weil es je nach Szene entweder rasend schnell oder spannungsaufbauend langsam geschildert wird. Ein schönes Beispiel ist im ersten Kapitel - es gibt direkt am Anfang eine Stimmung, die mich angesprochen hat, einfach durch die Umschreibung mit dem Regen, ich finde, sowas setzt einen Ort schön in Szene. Auch das Differenzieren von Figuren durch ihren Stil gelingt ihr wie immer so, das ich auch was mitbekomme. Jedoch sollte man die Figurenfülle nicht unterschätzen, denn sollte man die Lektüre für zu lange unterbrechen, könnten Anschlussschwierigkeiten entstehen.

Was die Figuren betrifft, so waren einige Leser enttäuscht, das Andrew Ryan nur ziemlich kurz vorkam. Dafür fand ich die Interaktion mit Summer, der neuen Verlobten von Tempes Ex-Mann Pete, geradezu urkomisch. Die immer mal wieder auftauchende Braut in Spe lockert das Geschehen ab und zu auf und gibt dem Leser was zum Schmunzeln. Slidell, ein Polizist, mit dem Tempe in der Vergangenheit gearbeitet hat, kam auch sehr überzeugend rüber. Was die Fallbezogenen Figuren betrifft, fand ich den Einbau des ehemaligen Ermittlers Galimore sehr schön umgesetzt, vor allem da nicht alle seine Mitarbeit tolerierten.

Als die Ermittlungen zu einem Ende kommen, befindet sich unsere Protagonistin mal wieder in Gefahr. Das klingt böser, als ich es meine. Trotzdem fällt auf, das sich die Forensikerin ziemlich oft in brenzlichen Situationen wiederfindet, weil sie bei ihren Ermittlungen immer sehr stark nach vorne prescht. Selbst wenn es inzwischen zur Formel eines Romans gehören sollte, so finde ich, dass sie nach wie vor funktioniert und es auch hoffentlich weiterhin tut. Eine Sache, die in diesem Buch sehr gut bei mir ankam: Ein Ermittler, der in einem früheren Teil der Reihe gestorben ist, bekommt nochmals eine Rolle, da seine Notizen zu einem alten Fall ein Teil der Ermittlungen begleitet. Eine schöne Einbindung finde ich.

Was das Cover der deutschen Ausgabe betrifft, so existiert auf der einen Seite eine Auflage, in der das Fass abgebildet ist. Somit besteht ein direkter Zusammenhang zum Fall und man hat eine Ahnung, was einen erwartet. Meine Ausgabe aus dem Heyne-Verlag zeigt lediglich einige blutverschmierte Knochen auf dunklem Grund. Das ist mal wieder so vage, das man es auf das Cover jedes Reichs drucken könnte. Da wäre mir die Tonne lieber. Im Englischen gibt es mindestens vier verschiedene Versionen, die alle ein bisschen anders sind - die hier für den Blog gewählte ist so weit ich weit von einer britischen Ausgabe. Der Klappentext ist so lala. Wie gesagt, ich fürchtete, dass die Handlung den Schwerpunkt zu sehr auf Rechtsextremismus ausgelegt wäre, und sowas gab es glaub’ ich schon mal bei Reichs (leider kann ich das passende Buch dazu jetzt nicht benennen). Auch gibt er nicht ansatzweise die Stimmung des Buches wieder, was ich etwas schade finde. Ein Nicht-Fan könnte so um eine tolle Geschichte kommen.


Bewertung:
4/5 - Schreibstil
4/5 - Charaktere
4/5 - Handlung
4/5 - Optik
(16 von 20 Sternen)


Zusätzlich möchte ich kurz etwas über die Hörbuch-Fassung loswerden. Ich habe damals eine Probe davon angehört, da diese Fassung von Ranja Bonalana gelesen wurde, der deutschen Stimme von Emily Deschanel (alias Bones). Enttäuschenderweise passt ihre Stimmung überhaupt nicht zur Buch-Tempe, weswegen ich das Buch eher empfehle als das Hörbuch.

Dieser Tempe-Brennan-Roman ist ein solides Stück Arbeit. Für mich ließ er sich schön flüssig lesen, habe ich doch am ersten Tag über 220 Seiten geschafft. Ich bin froh, den negativen Kritiken zum Trotz, diese Geschichte gelesen zu haben. Und da ich ja dieses Jahr nicht dazu kam, werde ich wohl nächstes Jahr mehr Reichs lesen. Mir fehlen ohnehin noch einige Titel, die ich unbedingt kaufen muss. So schließe ich die letzte Ausgabe für dieses Jahr und präsentiere euch den zuvor erwähnten Chevy Stevens im Januar.

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