Sunderlands Bücherregal 11/2019

Dieses Jahr sind es anscheinend besonders viele Hörbücher, die auf meiner Liste stehen. Heute bespreche ich bereits das vierte für 2019, ein kleiner Rekord. Dabei habe ich das Hörbuch eigentlich schon länger bei mir herumliegen und erst jetzt komme ich dazu, es mir anzuhören.


Autorin: Claire Douglas
Buchtitel: Missing - Niemand sagt die ganze Wahrheit
Original-Titel: Missing
Jahr der Veröffentlichung: 2018
Sprecher: Cathlen Gawlich und Laura Maire
Inhalt/Dauer: 1 mp3-CD,  8 Std. 12 min. (gekürzte Lesung)
Verlag: der Hörverlag
Serienangaben: Stand-Alone-Roman


Da ich diesen Monat sehr viel Zeit damit verbracht habe, meine 1.12.2-Minecraft-Welten mittels MCEdit zu bearbeiten und in einer einzigen Map zu sammeln, kam das lesen leider etwas kurz. Daher hatte ich beschlossen, mir nebenbei wenigstens ein Hörbuch anzuhören. Missing habe ich mir auf meiner letzten Buchmesse gekauft (das dürfte die Frankfurter Buchmesse 2018 gewesen sein) und seitdem nicht weiter beachtet. Irgendwann zwischendurch habe ich nur mal hereingehört, um die Stimmen zu prüfen und den Einstieg zu bewerten. Denn ich hätte mich echt geärgert, wenn ich Geld für eine schlechte Geschichte ausgegeben hätte.

HANDLUNG:
Endlich Gewissheit. Das denkt Frankie, als nach vielen Jahren die Überreste ihrer damaligen besten Freundin Sophie gefunden werden. Es wurde nie final geklärt, was damals passiert ist. Erst dachte man, sie sei verschwunden - als man ihren Schuh am Pier fand, einigte sich die Polizei darauf, dass sie wohl aus Versehen ins Meer gestürzt ist. Doch die Vergangenheit holt Frankie zurück in ihre Heimat, wo so viele Erinnerungen und Geheimnisse lauern, das sie nicht weiß, wem sie trauen kann und wem nicht.

FAZIT:
Nachdem ich das Hörbuch beendet hatte, musste ich mir einfach einige Amazon-Rezensionen durchlesen - diese verdammte Neugier halt. Dort haben viele ihren Schreibstil bemängelt, ihre Figuren, die Langatmigkeit und natürlich die Aufklärung am Ende. Mithilfe dieser kritischen Stimmen gehe ich nun auf meine eigene Meinung ein:

Zuerst die Handlung. Mehrere werfen hier Douglas Logikfehler und Langatmigkeit vor. Mich persönlich hat die Story von den ersten Worten an interessiert. Die Prämisse war Frankie, die nach all den Jahren, in denen sich ihr Leben weiterentwickelt hatte, wieder in die Realität gerissen wurde, dass Sophie tot ist. Für mich ist das der natürliche Reflex, es sich selbst gegenüber zu leugnen, bis es einen Beweis gibt. Und die Hoffnung stirbt. Das gerade ist der Grund, warum Daniel sie zurückbittet, um mehr über die Vergangenheit zu erfahren. Klar ist die Frage, was sich jetzt geändert hat, berechtigt. Aber die Antwort ist: Jetzt ist es möglich, einen Abschluss zu finden.

Claire Douglas
Während der Zeit, in der Daniel und Frankie immer wieder mit den gleichen Leuten sprechen, habe ich gedacht, was soll das bitte bringen? Und die Vorkommnisse, die Frankies Rückkehr auslöst, und sich eher nur auf sie beziehen, geben einem als Leser nur bedingt Raum für Verdächtigungen. Dass sich in Sophies zurückliegender Handlung, die zwischen Frankies Kapitel geflochten ist, sehr gut die Beziehungen zwischen den Mädchen und den anderen Figuren von damals darlegen, lockert das Ganze auf. Somit ist Sophies Geschichte eigentlich die bessere, weil mehr passiert. Frankie denkt lediglich viel nach, sieht und hört Gespenster und versteht einfach nicht, was hier los ist. Teilweise fand ich einige Handlungselemente beunruhigend und abartig, sie haben mich irgendwie schockiert und ich habe mich unbehaglich gefühlt. Bei den Passagen, auf die ich dabei anspiele, ist das jedoch gut, denn dazu sind sie da.

Die Beschreibungen des Ortes, des Piers und der Beziehung unter den Charakteren sind sachlich. Der Stil der Autorin ist nichts Besonderes, schafft es aber, eine für mich spannende Story zu erzählen. Die verschiedenen Sichtweisen der Erzählerinnen zeigen, dass sie durchaus Differenzen zwischen Figuren schaffen kann. Nur selten jedoch lässt die Autorin Hinweise auf die Wahrheit fallen, einige Informationen wirken ziemlich wage und unzuverlässig. Durch die Kürzung sind wohl einige unwichtige Passagen weggefallen. Da ich mir auch vorstelle, dass die Langatmigkeit der Printausgabe durchaus real ist, bin ich froh, das Medium Hörbuch erlebt zu haben.

Die Rückseite der Hörbuch-Hülle
Die Sprecherinnen sind hier abgebildet
Eine besonders tolle Erfahrung waren für mich die Stimmen, die man für dieses Hörbuch ausgesucht hat. Zwar sagen einem die Namen auf Anhieb nichts, doch wenn man sie hört, weiß man, woher man sie kennt. Gawlich zum Beispiel ist die deutsche Stimme von Sandy aus Spongebob und von Rose aus Two and a half men. Hier merkt man, dass ihre Stimme in natura etwas tiefer und viel sanfter ist, was sehr gut zu der Erzählung passt. Sie macht als Frankie einen guten Job. Laura Maire hingegen ist mir sofort aufgefallen. Zwar stehen in der Hülle von Hörbuch einige ihrer Rollen aufgelistet, ihre für mich wichtigste fehlt aber: Sie ist die deutsche Stimme von Mary Margaret Blanchard/Snow White aus Once Upon A Time (der Serie, die Crowl Valley inspiriert hat), was ich sofort rausgehört habe. Deswegen habe ich mir auch Ginnifer Goodwin (die Darstellerin aus der Serie) als Sophie vorgestellt, was eigentlich gut passt. Sie liest den Part sehr ehrlich und erzeugt damit das Interesse, weiter zuzuhören.

Die Gestaltung der Papphülle/des Buches passt hervorragend zum Inhalt. Das peitschende Meer, ein wackeliger Steg und eine Frau, die darauf zuzugehen scheint. Als ich bei der Recherche andere Covers zu den Büchern der Autorin gesehen haben, waren diese ziemlich ähnlich gestaltet, als sei es ein Markenzeichen für die Bücher dieser Frau. Hier zumindest kann ich sagen, dass mich das Bild auf das Hörbuch aufmerksam gemacht hat. Der Klappentext hingegen ist mir nicht mal mehr im Gedächtnis. Ich habe ihn damals gelesen, mir gedacht das passt, und es gekauft. Dass die Hülle Angaben zu den Sprechern enthält, finde ich gut.

Das Ende der Geschichte hat mich doch wirklich überrascht. Ab einem bestimmten Punkt begann ich zwar, die gegeben Infos zu hinterfragen und schlängelte mich ganz langsam in die Richtung der Lösung, die ich teilweise sogar richtig hatte. Aber die volle Wahrheit konnte ich nicht erahnen. Für mich ist die Handlung im Gesamtbild durchaus logisch, auch wenn einige Teile vielleicht noch einmal durch die Hände eines Lektors hätten gehen dürfen. Viele meinen, es sei zu konstruiert. Dabei scheint man zu vergessen, dass die Handlungen von Belletristik eigentlich immer konstruiert sind - und zwar vom Autor. Und muss wirklich alles, was in einem Thriller steht, genauso so in der Wirklichkeit machbar sein? Der Punkt ist: Es wäre möglich, dass Dinge genau so geschehen können. Einige scheinen die Moral nicht zu unterstützen, die am Ende steht. Man möge denken, dass die Figuren bestimmt auch schlauer hätten handeln können. Aber ich finde, dass die Autorin es geschafft hat, die menschliche Seite, die Psyche einer verunsicherten, verängstigen Person darzustellen, wie man sie wohl auch selbst empfinden würde. Zwar kann man sagen, dass man es besser machen würde, wenn man vor so einer Situation steht. Doch im Endeffekt lässt uns Angst, Verzweiflung und Wut Dinge tun, die jeder Logik und Rationalität entbehren.


Bewertung:
4/5 - Schreibstil
4/5 - Charaktere
5/5 - Handlung
5/5 - Optik
 (18 von 20 Sternen)


So, hiermit bin ich jetzt für diesen Thriller in die Bresche gesprungen, der mehreren Lesern nicht das gegeben hat, was sie wollten. Natürlich ist es nicht perfekt. Aber es hat mich dazu gebracht, es hören zu wollen. Die Wahrheit ergründen zu wollen. Was ist wirklich passiert? Das hat mich interessiert. Es kann natürlich aus sein, dass ich in meiner Begeisterung für die guten Stimmen und ihre hervorragende Erzählweise einige kleines Errors ausgeblendet habe. Doch trotzdem werde ich bei meinem nächsten Treffen des Lesekreises, in dem ich bin, von diesem Buch sprechen. Weil es mir eine spannende Geschichte gegeben hat.

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