März-Spezial #4: The Lost Reviews - Mord im Orientexpress

Für die heutige Ausgabe des März-Spezial heißt es: die Fahrkarten bitte. Alles einsteigen. Lost Review voraus. Vor allem möchte ich erwähnen, dass dieser Roman vor gar nicht langer Zeit mal wieder über die Kinoleinwand geflimmert ist.


Autorin: Agatha Christie
Buchtitel: Mord im Orientexpress (Erstausgabe als Die Frau im Kimono)
Original-Titel: Murder on the Orient-Express
Jahr der Veröffentlichung: 1934
Seitenanzahl: 316 Seiten
Kapitelanzahl: 32 Kapitel (in 3 Teilen)
Verlag: Hachette-Verlag
Serienangaben: 8. Teil der Hercule-Poirot-Reihe


Meine Ausgabe aus
dem Hachette-Verlag



Als allererster Titel der offiziellen Sammlung Agatha Christie des Hachette-Verlages von 2008 ist dieses Buch der bekanntesten Krimi-Autorin des vereinigten Königreiches am längsten in meinem Besitz. Und weil es quasi ihr bekanntestes und wahrscheinlich auch meistverfilmtestes Werk ist (oder ist das Und dann gabs keines mehr??), habe ich es damals auch direkt gelesen. Somit ist es kein Wunder, das es durchgerutscht ist, als ich begonnen habe, auf meinem Blog über die von mir gelesenen Bücher zu schreiben.

HANDLUNG:
Während einer Zugfahrt im berühmten Orientexpress wird ein Geschäftsmann namens Ratchett im Schlaf erstochen. Poirot, der in der Nebenkabine geschlafen hat, ist sofort drauf und dran, den Täter zu entlarven. Denn auf der Reise bleibt der Zug in einer Schneewehe stecken und gibt somit dem Detektiv genug Zeit, sich in aller Ruhe mit den Indizien zu beschäftigen. Er findet nicht nur heraus, wer das Opfer wirklich war, sondern klärt auch die Geschehnisse der schicksalshaften Nacht auf.

Agatha Christie - Poirot mit David Suchet
FAZIT:
Als eines der ersten Werke, mit dem ich schon sehr früh in Berührung gekommen bin, war ich schon immer fasziniert davon gewesen, wie gerade dieser Fall funktioniert hat. Denn der Handlungsort hat etwas exotisches und andersartiges. Auf jeden fall erinnere ich mich nicht an andere Bücher, wo ein Zug ein Tatort war. Die Handlung an sich wirkt einfach, jedoch verbirgt diese Einfachheit das komplexe Konstrukt, das nach und nach von Poirot ans Tageslicht gebracht wird. Die vielen verstreuten Indizien und Elemente in dieser Geschichte fordern den Leser heraus.

Die Figuren in diesem Fall sind vielfältig und so skizziert, das sie auch wie echte Menschen wirken. Nicht zu überladen, nicht zu übertrieben. Was vor allem auffällt, sind die ganzen Unterschiede der Figuren: verschiedene Nationalitäten und gesellschaftliche Ränge. Dadurch ist alles sehr authentisch, als wäre es so vorgekommen, wie Christie es geschildert hat. Es gibt sogar ein Element der Story, das einer wahren Begebenheit nachempfunden ist: Denn die Entführung eines Kindes, die als Flashback-Story eingefügt ist, liegt dem realen Fall der Lindbergh-Entführung zugrunde, die sich in den USA im Jahre 1932 ereignet hat.

Albert Finney als Poirot
Was ich sehr praktisch fand war eine Skizze des Schlafwagens und der Aufbau der Kapitel. Zum besseren Verständnis wurde nämlich der Schlafwagen bildlich dargestellt und die Zimmer wurden beschriftet - so kann man bei den Ermittlungen einfacher folgen. Die Kapitel selbst zeugen von einem literarisches Puzzlespiel, bei dem man Stück für Stück bekommt und anhand der Karte nachzuvollziehen versucht. Das fühlt sich fast wie ermitteln an. Nach den ganzen Befragungen (die ganz altmodisch als Zeugnis betitelt sind), kann man sich immer wieder die Skizze nehmen und die Aussage selbst überprüfen.

Das Buchcover vom Hachette-Verlag zeigt einen Zug, somit ist alles gut. Andere Ausgaben aus anderen Ländern und von anderen Verlagen haben mehrere Arten der Darstellung. Ich persönlich finde das Design des Atlantik-Verlags sehr schön. Für Filmliebhaber gibt es aber auch Illustrationen mit Film-Postern und so weiter. Einen Klappentext gibt es bei den Hachette-Ausgaben ja nicht, deswegen kann ich dazu nicht viel sagen. Aber als einer der bekanntesten Krimis ist die Prämisse, die hier greift, wohl weitestgehend bekannt.

Buchausgabe Atlantik-Verlag
Mit Illustration zur
aktuellsten Film-Version
Ein Punkt, der bei diesem Roman unerlässlich ist, sind die unzähligen Film-Adaptionen. Eine der wohl bekanntesten ist die mit Albert Finney als Poirot in der Hauptrolle. Trotzdem finde ich gerade diese in einem Punkt nicht gelungen: Finney spielt Poirot sehr aufbrausend und schroff und laut. Das passt meiner Meinung nach gar nicht zu der Figur Poirot. Vielleicht bin ich aber auch voreingenommen durch die fantastische Umsetzung des Charakters durch Sir Peter Ustinov (der meines Wissens allerdings nie den Orientexpress gedreht hat).

Nun gibt es in der Serie Agatha Christie's Poirot natürlich auch eine Interpretation mit David Suchet. Leider kenne ich diese nicht und kann nichts dazu sagen - aber er hat alle Fälle von Poirot bestritten, also kann er so schlecht nicht gewesen sein. Und jetzt kommt natürlich die letzte Version, die letztes Jahr in die Kinos kam - die mit Johnny Depp, Penelope Cruz und Josh Gad. Auch diese habe ich nicht gesehen (noch nicht), aber sie zeigt, das auch heute noch Christie verfilmt wird. Somit ist das Alter einer Story egal, man muss nur wissen, wie. Der Trailer war interessant - der Ton des Films wirkt sehr düster und mysteriös. Hoffentlich kann der Film das auch gut transportieren. Viele fanden den Bart Poirots etwas übertrieben - aber das fällt wohl unter künstlerische Freiheit.


4/5 - Schreibstil
4/5 - Charaktere
5/5 - Handlung
4/5 - Optik
 (17 von 20 Sternen)


Ein großer Roman mit großem Überraschungseffekt. Nach all dieser Zeit könnte ich ihn vielleicht mal wieder lesen. Oder ich schaue mir wirklich mal die neueste Film-Adaption an. In jedem Fall eine Geschichte, die mit ihren Details und ihrem Scharfsinn besticht und deswegen als einer von Christies beliebtesten Romanen gilt.

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