Sunderlands Bücherregal 1/2018

Ich bin so happy endlich mal wieder ein Bücherregal posten zu können, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Denn auch in meiner Blogpause habe ich ein wenig Zeit mit lesen verbracht, vor allem zum Stress-abbau. Heutiges Thema: Ein Buch, das viele Fragen aufwirft, schon bevor man es ließt (Wie kann ein Buch bereits vor seiner Veröffentlichung Aufsehen erregen? Vorsehung vielleicht?) und doch seine Hoch- und Tiefpunkte hat.


Autorin: Amy Gentry
Buchtitel: Good as Gone - Ein Mädchen verschwindet, eine Fremde kehrt zurück
Originaltitel: Good as Gone
Jahr der Veröffentlichung: 2016 (US) / 2017 (DE)
Seitenanzahl: 317 Seiten
Kapitelanzahl: 16+ Kapitel (+ Prolog)
Verlag: C. Bertelsmann (Verlagsgruppe Random House)
Serienangaben: Stand-Alone


Bereits vor Abfahrt zur damaligen Buchmesse (welche es genau war, kann ich gar nicht mehr sagen), habe ich mich über das Buch informiert und mir sogar eine Hörprobe angehört. Da mir aber die Stimmen nicht gefallen haben, bin ich direkt dazu übergegangen, das Buch zu suchen. Und Anfang des Jahres, während meiner Blog-Pause, habe ich mir ab und zu mal Zeit zum lesen genommen. Und das Buch relativ schnell durch gehabt.

HANDLUNG:
Der Grundansatz von Amy Gentrys Buch Good as Gone ist eigentlich sehr interessant gedacht: Ein entführtes Mädchen kommt nach 8 Jahren wie von selbst wieder nach Hause zurück. Die Familie ist überglücklich und kann es kaum glauben. Jedoch entstehen mit der Zeit gewisse Zweifel, ob das wiedergekehrte Mädchen wirklich die verlorene Tochter ist. So viel zum Klappentext, der einem quasi ein noch nicht ganz so vergriffenes Romankonzept anführt. Kommt ja auch selten vor.

FAZIT:
Der auf dem deutschen Cover angegebene Untertitel "Ein Mädchen verschwindet, eine Fremde kehrt zurück" heizt den Wunsch, das Buch zu lesen noch ein wenig mehr, die Covergestaltung ist schlicht und düster, was man von genau so einer Story auch erwartet. Positiv zu bemerken ist auch, das man im deutschen einfach den englischen Titel beibehalten hat. Oder hättet ihr ein Buch gekauft, das So gut wie fort betitelt wurde. Falls sie nicht einen anderen Titel gewählt hätten.

Autorin Amy Gentry


Die Charaktere sind überschaubar: Mutter, Vater, Tochter, entführtes Mädchen. So weit, so gut. Diesen Figuren ist die meiste Zeit im Buch gewidmet. alle anderen kommen quasi danach. Natürlich ist es gut, wenn ein Autor sich auf ein paar wenige Charaktere konzentriert und diese richtig ausstaffiert. Allerdings kommt einem diese Familie irgendwie etwas langsam aus dem Quark. Und die weiteren Charaktere sind an einigen Stellen schlecht festzumachen. Sowohl ihre Absichten, als auch manchmal ihr Geschlecht waren mir manchmal ein Rätsel, sodass ich einige Sätze zurückgesprungen bin, um das ganze nochmal zu lesen.

Das bringt mich zur Sprache des Buches, die manchmal beginnt, einem vollkommen belanglose Phrasen aufzuzwängen. Auch gibt es Sätze, deren Sinn durch nur ein einziges Wort oder ihre Zusammensetzung jeglichen Sinn verloren haben. Die bizarre Bildhaftigkeit schafft es aber doch irgendwie, das Interesse des Lesers auf seinen Seiten zu halten. Teile der Handlung wirken einfach etwas zu konstruiert und clicheehaft, um abkaufbar zu sein. Als wäre sich die Autorin noch nicht sicher gewesen, wohin es eigentlich geht. Da dies hier ein erster Roman ist, denke ich mal, sie hat sich einfach etwas ausprobiert. Beim nächsten Buch könnte sie diese Zurückhaltung noch ein Stück mehr ablegen.

Der Lesefluss ist immer wieder durch die Rückblenden zerrissen, die dazu dienen, die gesamte Hintergrundgeschichte zu zeichnen. Und diese sind auch noch verkehrt herum angeordnet. Das heißt, man muss beim lesen quasi rückwärts gehen. Und das macht es schwer zu folgen. In der Gegenwart hingegen passieren teilweise ziemlich belanglose Dinge. Sachen, die so erzählt werden, als würde man seiner Kollegin dabei zuhören, wie man so das Wochenende verbracht hat, nur noch etwas mit Mittelmäßigkeit ausgeschmückter. Es fühlt sich an, als wären es die Aufgabe dieser Stellen, das Buch über die 300-Seiten-Marke zu quetschen.

Zum Beispiel fühlte sich die Szene, in der die Tochter zurückkehrte, für mich so taub ab, das mir ein bisschen höherer emotionaler Druck gefehlt hat. Dramatik. Somit büßt diese Geschichte, die eine hohe emotionale Wirkung haben sollte, einfach ein Stück ein. Dafür kann man diese an anderen Stellen des Buches finden. Das nächste Stück ist die Spannung. Würde man das Buch in vier Teile schneiden (und zwar buchstäblich) waren das zweite und dritte Viertel mit sehr viel Spannung versehen. In dem Teil des Buches habe ich wirklich die Spannung aufgesogen. Es hat mich interessiert, wo es hingeht. Im letzten viertel hat das Buch aber wie gesagt viel verschenkt, da die Auflösung des ganzen irgendwie nicht an einen herankommt. Als wirke es zu weit hergeholt. Das erste viertel ist die Taubheit, die oben beschrieben wurde.

Das ist sozusagen das Hauptproblem: Das Buch verschenkt ein ziemlich gutes Konzept, in dem es seine Story immer weiter aus der Hand gibt und einem für die Geschichte ziemlichen zurückgebliebenen Höhepunkt entgegensteuert. An den nötigen Stellen fehlt eine entscheidende Dramatik (nicht an allen, aber an vielen) und der Schluss-Akt (darüber ohne Spoiler zu sprechen ist schwer) gibt einem zwar Antworten, aber auch noch ein paar Fragen, die wir wohl nicht mehr beantwortet kriegen.

Wendungen gibt es in dem Buch auch, die es schaffen, die Überzeugung des Lesers dahin zu drehen, wo die Autorin sie gerne hätte. Somit versucht sie, das Finale etwas zu vernebeln. Bei mir hat es funktioniert, sie hat mich relativ lange hinters Licht geführt. Und trotzdem schafft das Buch es nicht, so düster zu sein, wie das Cover oder die Erwartungen des Klappentextes es gerne hätten.


BEWERTUNG:
3/5 Schreibstil
3/5 Charaktere
4/5 Handlung
4/5 Optik
(14 von 20 Sternen)


Amy Gentrys Buch ist in vielen Aspekten ok, aber es gibt noch Luft nach oben. Grundsätzlich würde ich aber nicht ausschließen, das ich ein weiteres Buch von ihr lesen würde. Schließlich ist das erste Buch nie wirklich perfekt. Hier finde ich, sollte jeder für sich entscheiden, ob man es lesen möchte oder nicht. Denn den negativen Punkten zum Trotz kann das lesen Vergnügen bereiten.

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Kritik von Sharon Rosen auf YouTube (englisch)

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