Schon beim letzten Mal erwähnte ich Abweichungen zwischen Film und Buch bei 16 Uhr 50 ab Paddington von Agatha Christie. Diesmal will ich dieses Thema weiterspinnen und nebenbei von einem weiteren Film berichten, das sogar noch weiter von seiner Vorlage abweicht. Und natürlich soll auch das Buch mit seiner Original-Handlung endlich mal gebührend beleuchtet werden.
Autorin: Agatha Christie
Buchtitel: Vier Frauen und ein Mord
Original-Titel: Mrs. McGinty's Dead (auch als blood will tell)
Jahr der Veröffentlichung: 1952
Seitenanzahl: 250 Seiten
Kapitelanzahl: 27 Kapitel (+ Epilog)
Verlag: Hachette Verlag
Serienangaben: 22. Teil der Hercule-Poirot-Reihe
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| Sorry Eva, es ist wahr... das Original ist anders. |
Dieser Roman, dessen Verfilmung mit M. Rutherford auch sehr bekannt ist, hat eigentlich nichts mit Miss Marple zu tun. Denn eigentlich ist es ein Buch über den belgischen Detektiv Hercule Poirot, der den Mord an einer Putzfrau namens Mrs. McGinty untersucht. Grund dafür ist die vielleicht zu starke Eigeninitiative der damals verantwortlichen MGM-Studios. Diese haben nämlich einfach die Geschichte so umgeschrieben, das Miss Marple ermittelt und Mrs. McGinty keine Putzfrau, sondern eine Schauspielerin ist. Eigentlich war dies entgegen dem Sinne der Autorin, trotzdem wurde dieses Projekt realisiert. Auch ist die Figur McGinty eine der einzigen Parallelen zwischen Buch und Film.
Die andere Sache über Miss Marple: Agatha Christie selbst war kein Fan von Margaret Rutherford. Sie selbst sah ihre Detektivin viel zierlicher als die oft schroffe Darstellung durch Rutherford. Mehr ihrem Bild der Jane Marple entsprach die englische Schauspielerin Joan Hickson (Als Miss Marple zu sehen in der Serie MARPLE von 1984 bis 1992). Es wurden in dieser Serie alle 12 Romane, in denen Miss Marple auftritt, behandelt. Auch Angela Lansbury verkörperte die Figur schon in der Verfilmung von Mord im Spiegel. All diese Informationen habe ich in den Begleitheften der offiziellen Sammlung aufgeschnappt, aus der auch meine Ausgabe des Buches stammt.
HANDLUNG:
Hercule Poirot bekommt Besuch von Kommissar Spence, der kurz vor dem Ruhestand steht und ihn um Hilfe bei einem Fall bittet. Die Putzfrau Mrs. McGinty wurde erschlagen aufgefunden und ihr Untermieter wurde wegen Verdacht der Täterschaft festgenommen. Jetzt soll aber Poirot seine Augen auf den Fall richten, da Spence den Untermieter für Unschuldig hält. Somit fährt Poirot an den Ort des Verbrechens und hört sich um. Je mehr Hinweise er erhält, desto mehr müssen seine kleine grauen Zellen sich anstrengen...
Der Aufbau der von Christie erdachten Handlung ist sehr schön gradlinig. Vom Anfang, wo Poirot die Einzelheiten des Falls erzählt bekommt, bis hin zu seinen Ermittlungen Vor Ort ist alles sehr klar zu verfolgen. Durch die Zeit, in der alles spielt, ist die Handlung deutlich schöner zu genießen. So richtig ordentliche Detektivarbeit in einem kleinen englischen Ort wird hier zum Leben erweckt. Das merkt man auch daran, das die Autorin ab und zu auch mal in normalen Situationen verweilt und einfach schildert, wie das Leben der Figuren und ihre Umgebung so aussieht. Zwar gibt es auch ein oder zwei Szenen, die mir etwas unordentlich vorkamen, aber das kann man verzeihen, wenn viele Figuren auf einmal agieren.
Vom Stil her ist alles teilweise sehr nüchtern geschildert, was für mich eines der Markenzeichen der Autorin ist. Man merkt ebenfalls, das das Buch in den 50ern geschrieben wurde, weil die Sprache durch ihre Eleganz und Höflichkeit etwas altmodisch wirkt. Heutzutage wird anders geschrieben. Das es aber damals schon so etwas wie Running-Gags gab, weil viele Poirot fälschlicherweise als Franzosen verbuchen, fasziniert mich immer wieder. Und am Ende ist der Stil ja auch ein Grund, sich einen älteren Krimi zu greifen, in dem die Welt mehr oder weniger noch in Ordnung ist. Natürlich ist der Hang, Geheimnisse gut durch falsche Fährten zu verbergen, hier besonders gut gelungen.
Zu Poirot gibt es ja nicht viel zu sagen, schließlich ist er ja sehr bekannt. Die Menschen, auf die er trifft, sind die Entwürfe von teilweise sehr einfachen Bürgern, die auf englischen Dörfchen wie dem beschriebenen Broadhinny wohnen, gerne klatschen und somit das Herzstück der Geschichte sind. Was wäre ein englischer Krimi ohne die passenden Figuren. Trotz Christies Art zu schreiben, welche ja ziemlich nüchtern ist, sind sie glaubhaft und versprühen einen gewissen Charme. Auch hier ist die Zeit, zu der der Roman spielt, der Grund, das man sich gerne mit diesen oft unkomplizierten Menschen befasst. Auch eine wiederkehrende Figur ist enthalten, die Autorin Ariadne Oliver, die auch in anderen Geschichten vorkommt. Sie ist das etwas ulkigere Äquivalent zu Poirot und seiner vorsichtigen geordneten Arbeit.
Man kann durchaus sagen, das es im Aufbau bestimmter Stellen Parallelen zur abgeänderten Verfilmung gibt. Das diese jedoch darauf verzichtet hat, die Geschichte so zu erzählen, wie die Autorin sie geschrieben hat, ist ein Jammer. Zwar mag ich den Film sehr gerne, aber trotzdem wäre ich an einer mehr wahrheitsgetreuen Adaption interessiert.Das Cover, das durch die Sammlung ja einheitlich ist, zeigt auf dem kleinen Bild einen Füllfederhalter, der in ein Tintenfass getaucht wird. Die farbliche Abhebung, die bei jedem Titel variiert, ist hier rot, was ich sehr schön finde. Ein Klappentext gibt es nicht, höchstens im Magazin zum Buch erhält man spoilerfreie Informationen zum Inhalt. Früher habe ich mich allerdings immer gefragt, warum der Titel ausgerechnet vier Frauen und ein Mord ist. Das erschließt sich aber, wenn man das Buch aufmerksam liest und die Punkte miteinander verbindet. Gerade beim Film finde ich, das der Titel nicht viel aussagt. Deswegen ist hier das Buch besser damit gefahren. Der Original-Titel ist einem Kinderspiel entlehnt, wie im Laufe des Buches erklärt wird:
mrs. McGinty’s dead..how did she die?
down on one knee, just like I
Mrs McGinty ist tot, wie starb sie? Sprich!
Auf ihren Knien, genau wie ich
Bewertung:
4/5 - Schreibstil (Satzbau, Formulierungen, wörtliche Rede)
4/5 - Charaktere (Persönlichkeiten, Glaubwürdigkeit, Klischees)
4/5 - Handlung (Thematik, Logik, Länge des Buches, Plot-Elemente)
5/5 - Optik (Covergestaltung, bildliche Vorstellung, Klappentext)
(17 von 20 Sternen)
Nachdem auch in diesem Artikel das Wort Marple öfter gefallen ist, als Poirot, habe ich es hoffentlich trotzdem geschafft, den von Christie geschriebenen Roman so darzustellen, wie er wirklich ist. Eine Reise in die Vergangenheit, wo Detektive noch smart und belgisch waren. Gerade für Fans von englischen Dörfern und der Mentalität der Bewohner ist dieser Christie ein schöner Zeitvertreib für trübe Regentage.


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